Samstag, 6. Juni 2015

Bergen?

Es regnet - natürlich. Die Einheimischen haben sicher schon lange darauf gewartet, sie haben gestern überall ihre Wiesen gewässert. Um 11 Uhr wird es aufhören, wenn man dem norwegischen Wetterbericht glaubt. Ich tu das! Wir packen im Warmen und Trockenen alles soweit wie möglich zusammen und stürzen uns dann in die Fluten. Ich wecke die Lisl (Zylinder 1), Biene (Zylinder 2) schläft mal wieder länger. Lassen wir ihr Zeit bis gepackt ist.

Nach 7 km kommt die Schranke, die über Nacht alles dicht macht. Dann geht es hinauf - auf 1440 m, bei 4 Grad.
Die Berge, die uns gestern mit ihrem strahlenden Weiß gelockt haben, drohen heute hinter dichten Wolkenvorhängen. Dort oben in Jotunheimen schlafen die Riesen noch; sie haben die Schneedecke weit über die Ohren gezogen und wollen nicht gestört werden. Wie Schneehasen hoppeln unsere beiden BMWs über die von Frostbeulen übersäte Passstraße, vor dem Abflug ins Gelände durch mehrere Meter hohe Schneewände gesichert. Um elf Uhr hört der Regen auf! Die Bettwärme von unserem Komfortzimmer letzte Nacht hält gut vor - heute frieren wir nicht! Kleidung und Temperatur passen heute perfekt zusammen, der Anzug hält angenehm warm, die Nase bekommt den kalten Wind ab.
Nachdem wir ein Langlaufgebiet passiert haben, geht es abwärts Richtung Sognefjord. Keine 10 Minuten dauert es, da haben sich die Schneewände in hellgrüne Baumwände gewandelt! Meine Ohren schmerzen vom Druck des schnellen Abstiegs. Es duftet nach Schafgarbe und blühenden Apfel- und Kirschbäumen. Mit einem hefitgen Regenguß werden wir am Fjordboden endgültig von den Riesen verjagt: "fort mit Euch!"
Wir fahren auf der Sonnenseite des Sognefjords entlang. Die ersten Touristen mit Ihren Wohnmobilen sind schon nicht mehr zu übersehen, aber es gibt doch lange Strecken, die uns (noch) fast alleine gehören. Wir trollen dahin, gemütlich, genießen alles um uns herum, einfach genießen! Wasserfälle - kleine und große, schlanke und extrabreite, ganz schrecklich hohe oder nur kurze Stufen - das ganze Spektrum wird uns geboten. Der Sognefjord ist riesig, furchtbar lang, wehr breit und auch ziemlich verzweigt. Es ist eine Freude, an seinem Ufer entlang kurven zu dürfen. Bei diesem Wetter nicht zu fahren wäre sträflich, meint Fritz. Also nehmen wir die weitere Strecke Richtung Bergen unter die Räder.

Das glauben wohl auch die Heerscharen von Radlern - hier scheint ein Radrennen oder zumindest eine große Radtour stattzufinden. Eine Fjord-Rallye?
In Hella schnappen wir heute unsere erste Fähre - bis nach Dragsvik. Wir haben so ein Glück - die Fähre wird soeben beladen und wir schließen uns nur nahtlos an. Unseren Fährenjoker können wir hier wieder einsetzen und bezahlen nur den halben Preis. Ähnlich gut geht es uns bei der nächsten Fähre von Lavik nach Oppedal - sie läuft gerade mit uns zusammen ein. Auf der Überfahrt pfeift ein ekelhafter Wind. Aber noch ist es trocken. Es gibt eine winzig kleine Chance, Bergen ohne Regen zu erleben. Der Wetterbericht hat erst im Verlauf der Nacht wieder Regen gemeldet. Ach ja, wir sind ja jetzt südlicher, da setzt die Nacht wohl früher ein? Etwa eine halbe Stunde von Bergen entfernt ist es so weit: mit heftigen Windböen und kräftigen Regenschauern verabschieden wir uns heute von der Straße. Bergen bei Sonne ade! Nix wie Nachtlager suchen. Campingplätze sind dünn gesät hie. Der erste hat an Wochenenden geschlossen!? Unsere Navis zeigen nur noch einen einzigen weiteren Platz an - den nehmen wir, komme was wolle. Und es kommt - die Hütte kostet hier stolze 595 NOK! Da war die letzte Übernachtung doch das beste Schnäppchen, das wir je hatten. Nun sitzen wir trocken in der warmen Hütte, draußen darben unsere Kühe im strömenden Regen.
Wir beratschlagen, wie es weitergehen soll. Der zuverlässige Wetterbericht sagt für morgen den ganzen Tag Regen an...



Freitag, 5. Juni 2015

Sonne & Spaß!

Heute morgen, nach einer Falteimer-Dusche, sehen die Schneeberge schon ganz anders aus - sie haben einen scharfen Umriß gegen den strahlend blauen Himmel. Die Sonne hat ordentlich Kraft, obwohl die Luft noch ziemlich kalt ist. Am frühen Morgen sind die Mopeds noch eisbedeckt - im Zelt hätte ich wohl ordentlich gebibbert. Aber jetzt wird mir beim zusammenpacken gut warm. Trotzdem lassen wir vorsichtshalber die Regensachen an. Die Fahrt macht heute richtig Spaß! Wir können uns an den schneebedeckten Bergen gar nicht genug satt sehen. Immer wieder halten wir an oder fahren ein Stück zurück, um noch einen anderen Blick auf die Rendalssølen zu erwischen.

Wir wagen uns Richtung Westen, der Wetterbericht sagt dort gar kein sooo schlechtes Wetter an. Bereits in Koppang, nach gut einer Stunde, machen wir die erste Einkaufspause. Mmmm, gibt es hier feine Erdbeeren - unser Mittagessen. Und nun verschwinden die Regenhosen und Lenkerstulpen im Gepäck! So macht Mopedfahren Spaß! Wir suchen uns, wo es möglich ist, Nebenstraßen. Mein Navi ist auf "keine unbefestigten Straßen" programmiert, mit Rücksicht auf Fritz' Straßenmaschine. Trotzdem (ich bin unschuldig!) landen wir prompt auf einem Waldweg. Für 60 km/h geeignet, aber mit Schotter und manchmal ziemlichen Löchern. Wenn die zu wild werden, gehe ich mit dem Gewicht auf die Fußrasten und laß die Lisl alleine den Schlamassel ausbaden. Fritz kämpft sich tapfer hinterher. Obwohl wir noch weiterhin so kleine Straßen wählen, bleiben sie asphaltiert. Der Lohn für die Abwege sind herrliche Kurven und fast kein Verkehr. Manchmal können wir auf der anderen Flußseite die Hauptstraße mit den vielen Lastern sehen - dann freuen wir uns noch mehr über Wald, schmale Wege und Kurven, Kurven, Kurven. Ich bekomme Düfte von Löwenzahnwiesen, Schweinen, Holzfeuer, Räucherfisch und frisch gesägtem Holz in die Nase - eine feine Mischung!

Dann geht es über das Fjell Richtung Gudbrandsdal. 1100 m Höhe und 11 Grad warm. Vereinzelt stehen Hütten herum - jede hat wohl eine Hausnummer, denn an einem Weg steht ein Schild mit langen Nummern. Eine einsame Wanderin mit Hund erklärt uns, daß die Nummern für das gesamte Gebiet Rondane gelten - drum gehen die auch weit in die Tausender.

In Ringebu ist Kakaostation. Wir finden einen Sitzplatz in der Sonne, neben einer Gruppe Chopperfahrer. Die wollen heute noch bis Andalsnes und dann den Trollstigen und Geiranger fahren. Heute ist der erste Sommertag in diesem Jahr, bestätigen sie uns. Gute Fahrt noch!
Fritz ist wohl angesteckt von so viel Fahrdrang - er will heute noch bis Sogndal fahren. Rein rechnerisch wird das aber schon Abend werden...kurz vor Lom schauen wir schon mal nach einer Hütte. Alles ausgebucht. Die Dame ist sehr freundlich und erklärt uns, daß vermutlich die ganze Gegend ausgebucht ist. Dieses Wochenende ist der jährliche Ausflug des Roten Kreuzes, die mit allen Neunorwegern eine Gebirgswanderung machen. Aber wegen schlechten Wetters wurde die Wanderung für morgen abgesagt. Unendlich viele Busse spucken die Menschen überall aus, wo man übernachten kann. Na das kann ja heiter werden.
Da müssen wir wohl doch heute noch über das Sognefjell fahren? Um halb sieben weist uns ein Schild darauf hin, daß das Fjell über Nacht gesperrt ist. Also Gummi geben! Oder doch noch eine Hütte finden? Fritz ist urplötzlich ganz müde...wir kehren an jeder Möglichkeit ein. Beim sechsten oder siebten Versuch haben wir dann doch großes Glück. Wir bekommen für 400 NOK ein sehr geräumiges Zimmer mit Bad, Terasse (und Mücken) und angernzenden Stromschnellen. Das haben wir sehr gut getroffen!


Donnerstag, 4. Juni 2015

Hedmark

Am Morgen gießt es. Das tut es jetzt schon seit 18 Stunden! Alle Wetterberichte sind sich einig, daß es auf unabsehbare Zeit hier in der ganzen Gegend so bleiben wird. Mannomann, bin ich eine gute Regenmacherin!!! Aber eigentlich ist Fritz schuld - er hat sich gestern Regen gewünscht, damit sein Moped wieder sauber wird. Das muß ja dreckig gewesen sein!
Der Weg zur Toilette ersetzt die Dusche, die Füße stecken nur in den Badelatschen, da nehmen sie am wenigsten Wasser auf. Aber es hilft nix - irgendwann müssen wir raus!
Ich starte die arme tropfnasse Lisl schon, bevor ich überhaupt gepackt habe, ich rechne ja nicht damit, daß sie anspringt. Aber sie tut's! Ok, sie braucht jetzt mindestens 10 Minunten, um sich wachzuhusten. Klingt schauerlich. Hat aber den Vorteil, daß sie dann warm ist und auf der Strecke einigermaßen rund läuft.

Unsere einzigen Überlegungen zielen jetzt nur noch darauf ab, das Loch in der Wolkendecke zu finden. Sehenswürdigkeiten oder schöne Sträßchen ade - Hauptsache trocken! Es ist schon schlimm, wenn man seine Routenplanung nicht nach Lust sondern nach dem Wetter richten muß. Ich habe von Leuten gelesen, die nicht weit weg innerhalb weniger Minuten so eingeschneit waren, daß sie mit dem Auto stecken geblieben sind. Erst nach 3 Tagen wurde ihr Auto aus dem 4 m hohen Schnee geborgen. Ich kann das jetzt positiv oder negativ sehen, ich scheine oft an den Katastrophen entlang zu schrammen, so in ca. 100 km Entfernung. Hochwasser in Bayern, Erdrutsch in Mexiko, Schneesturm in Norwegen.
Ich wußte gar nicht, daß in Norwegen Reis angebaut wird? Die Wiesen und Felder stehen so unter Wasser, daß sie wie Reisfelder aussehen! Eigentlich denke ich an überhaupt nichts mehr, ich nehme auch kaum was von der Umwelt wahr; der Kopf ist eingefroren. Finger und Zehen schreien nach Wärme! Sie kommt nicht. Es regnet. Die Straße führt langsam in die Höhe - bis auf gut 900 m; so kalt ist es auch, wir haben nur noch 5 Grad. Dafür ist die Straße jetzt immer öfter trocken und es hat irgendwann aufgehört zu regnen. Zur Abwechslung brummt eine Horde (ca. 10) Harleyfahrer an uns vorbei, die wollen wohl schneller aus der Kälte wieder raus?


Am frühen Nachmittag finden wir in Røros gut versteckt endlich eine Kakaostation. Nix wie rein! Aufwärmen! Innerlich und äußerlich. Aus der kuscheligen Sitzecke können wir draußen 2 weitere Gruppen Harleyfahrer beim tanken beobachten. Ob hier irgendwo ein Treffen ist? Wir wollen gar nicht mehr raus...

Langsam ist das Wetter besser geworden. Wir sind nicht mehr ganz so hoch, nur noch auf ca. 700 m, die Straße ist meist trocken und manchmal gibt es sogar blaue Löcher in den Wolken. Wir haben jetzt schon über 10 Grad! Aber eigentlich fehlen heute den ganzen Tag mindestens 10 weitere Grad. Wir verfolgen tapfer weiter unseren Plan, die Sonne zu finden. Im Süd-Osten. Eine neue Landschaft: Tundra mit vielen Flechten, Geröllfelder mit großen Felsblöcken, Moor, viele Seen und Pfützen. Manchmal erschrecke ich und denke, ein Hase würde aus dem Straßengraben hüpfen, aber es ist nur das Licht, das sich dort im Wasser spiegelt. Ab und zu gibt es auch ein paar schöne Kürvchen.

In Femunden wollen wir einen Platz für die Nacht finden. In Karte und Navi sind 2 oder 3 Campingplätze verzeichnet, in Realität sind alle paar Kilometer Plätze und Hütten ausgeschildert. Wunderschöne Plätze direkt am See, auf Sandboden mit Kiefernwäldchen. Siet so aus, als ob die reichen Osloer hier ihren Sommerurlaub verbringen würden. Später, denn der Platz ist geschlossen. Der nächste auch. Und der nächste, und übernächste..... Wir könnten ja auch auf einem geschlossenen Platz einfach zelten und das Vordach einer Hütte nutzen? Brrrr. Ja, machen wir, wenn wir am nächsten oder übernächsten Platz auch nichts erreichen.

Es ist schon etwa 19 Uhr, als wir endlich fündig werden. Mitten in der Hedmark am Fuß von spitzen schneebedeckten Berggipfeln (Rendalssølen, 1755 m) gibt es doch einen geöffneten Campingplatz - wieder mit Hundeschule. Die Hütte ist für ihre 350 NOK geräumig und nett. Sie haben auch (ganz langsames) Internet. Obwohl jetzt die Sonne scheint, sind wir froh über die Hütte. Drin ist es warm - ich bin total kaputt! Wird man vom frieren müde? Ich habe doch heute gar nichts Anstrengendes getan?  Mein Pullover ist vom Morgen noch feucht, das Zelt von gestern noch klatschnass. Fritz hängt es kurz über die Mopeds, damit es im Wind schnell trocknet.
Noch eine heiße Brühe, den Blog und dann in die Falle! Fritz ist schon dort. Der Wind pfeift um die Hütte...


Mittwoch, 3. Juni 2015

Fad

Mehr gab's heute eigentlich nicht zu sehen oder zu erzählen.
Kältegrade: 6-8
Nässegrad: Dauerniesel bis heftig



Aber wenn Ihr wirklich mehr erwartet, dann kram ich halt nochmal...

Von gestern gibt's noch eine kleine Geschichte:
Als wir uns nach dem Grillen ins Zelt verzogen haben, kam ein Wind auf, der Regen mitgebracht hat. Es drohte kalt zu werden, also habe ich beschlossen, eine Wärmflasche vorzubereiten. Fritz hat mich mit dem Kocher an die überdachte Sitzecke geschickt - im Zelt hatte er zu viel Angst wegen Funkenflug. Aber Wind und Regen konnte das ÜBerdach nicht abhalten und so brannte nach 2 geleerten Feuerzeugen der Kocher immer noch nicht. Ich habe die contenance verloren und ziemlich ungeduldig versucht, aus den kleinen Aststückchen mit dem Beil Späne herzustellen. Da hat mich das böse Beil in den Finger gebissen!
Kocher in der einen, blutenden Finger an der anderen Hand hab ich mich ins Zelt zurückgezogen und dort die Bettflasche fertig gemacht. Spezialausführung: die Trinkflasche wird mit kochendem Wasser gefüllt und dann mit 2 feuchten Socken überzogen. Hat 4 Effekte:
  1. warmen Schlafsack
  2. bald trockene Socken
  3. keine Brandblasen an den Füßen
  4. länger eine warme Bettflasche
Die ganze Nacht war naßkalt; das tut auch Lisls Asthma überhaupt nicht gut. Ich muß sie lange bitten, streicheln und ihr gut zureden, bis sie ein wenig loshustet. Aber ziemlich schwächlich. Ich muß lange vorsichtig am Gas bleiben, bevor sie alleine laufen kann. Auf Fahrt wird es kaum besser, im Gegenteil - ein Zylinder mag nicht recht. Die Lisl braucht heut niedrige Gänge und hohe Drehzahlen, um den faulen Hund mitzuschleppen. Ab und zu bellt er, was ganz schön blöd zu fahren ist in den Kurven. Wenn mitten in der Kurve entweder die halbe Leistung weg ist, oder sich plötzlich Nachschub zuschaltet...da kann man wirklich keine Ideallinie finden - bei Nässe natürlich! Nach vielen Kilometern ist er dann wohl doch wachgeküßt und zündelt regelmäßig mit. Brave Lisl! Sie wird halt auch alt.

Fritz mag die Straßen hier in Schweden gar nicht. Lange geht's geradeaus, langweilig sagt er. Man kann es auch so sehen: endlose Wälder! Ebenso große Kahlschläge, wo der Harvester gewütet hat. Auch viel Wasser - hauptsächlich aber ruhige Seen. Wir haben uns gestern einen kurzen Weg durch Schweden nach Süden, Richtung Røro (N) ausgesucht, wohl wissend, daß da ziemlich kleine Sträßchen dabei sind. Die haben wir dann auch brav gefunden - unbefestigt! Eigentlich wollen wir ja sowas. Aber Fritz schimpft auf die "Schmierseife" und trauert um sein schönes sauberes Moped. Tja, da sind die Lisl und ich schon laaaaaange drüber weg. Trotzdem halten wir auf der E14 erneut Ratschlag. Richtung Westen (Trondheim) sieht es immerhin bläulicher aus als in alle anderen Richtungen. Und auf unserer ursprünglichen Route gäbe es noch einige unbefestigte Straßen. Ok - wir ändern den Kurs - Richtung Trondheim auf der E14. Kerzengerade, breit, sauberer Asphalt. Langweilig. Kaum haben wir die norwegische Grenze hinter uns, wird das Tal schon enger, die Felsen begleiten uns auf der einen, der Fluß auf der anderen Seite. Ist eben Norwegen!


Meine Gedanken drehen sich um alternative Arbeits- und Lebensmodelle, die Norwegen im Fokus haben. Aber Gut Ding will Weile..

Tatsächlich haben wir ca. 1 Stunde trocken gehabt! Aber jetzt, in Norwegen, regnet es dafür wieder richtig heftig. Bäh! Da mag ich nicht den ganzen Tag fahren, auch wenn die Lisl überraschenderweise gar nicht hustet! Also - Hytte suchen - schon um 4 Uhr nachmittags. Findet sich auch ziemlich schnell - für 350 NOK eine geräumige Zweierhütte, allerdings mit etwas schwachbrüstiger Heizung.

Recherchen im Internet erzählen uns von seltsamen Wetterkapriolen in Norwegen - 4 m Neuschnee und eingeschneite Autos, gar nicht weit weg von uns. Von Kälte und Regen - ja, das kennen wir. Und von Hitzewelle in Nordnorwegen - wo waren wir da??? Ok, um ehrlich zu sein: einen Supersonnentag hatten wir schon auch auf Rolla! Aber ich, die Regenmacherin....

Jetzt sitzen wir den Abend in der Hütte, köcheln eine heiße Brühe und sinnieren über die nächsten Tage und Routen. Der Kochtopf mit seinem krummen Boden wackelt und klappert ein monotones tick-tick-tick-tick-tick-tick-tick-tick-tick-tick auf der elektrischen Kochplatte.

Dienstag, 2. Juni 2015

Gen Schweden

Die anderen Mopedfahrer wollen früh los - um 8 Uhr wollten sie on the road sein. Das schaffen sie sogar fast. Um die Zeit schauen wir aus der Hütte und beschließen, den Mitternachtsregen wollen wir nicht haben. Die feuchte Kälte kriecht sogar in die beheizte Hütte und in unsere alten Knochen. Wir bleiben bis es zu regnen aufhört. Wir bleiben bis morgen. So trielen wir in der warmen Hütte herum, so langsam wandert doch das eine oder andere Stück in seinen Gepäcksack. Irgendwann ist fast alles gepackt, die sanitären Anlagen x mal besucht - was können wir noch tun? Unserer Sachen sind über Nacht schön getrocknet und ich bin frisch geduscht. Allerdings aus der "Faltsack-Dusche". Was das ist? Hab ich auf meinen Reisen erfunden, um Wasser zu sparen. Ich habe einen faltbaren Sack, den ich leicht mit Wasser füllen kann. Davon wird ein Teil heiß gemacht, so daß ich einen Sack voll warmes Wasser habe. Damit kann ich dann duschen, Füße oder Wäsche waschen. Hier benutze ich sie um Geld zu sparen. Die Duschmünze fällt aus, wenn ich das warme Wasser am Hahn hole und mit in die Dusche nehme.
Die Motorradkluft ist schon angezogen, da möchte ich doch den Wasserfall noch besichtigen. Es sind nur ein paar Meter die Böschung hinunter, aber da wird mir pudelwarm! Na gut, dann fahren wir halt doch. Ein kleines blaues Loch ist zwischen den Wolken schon zu sehen, auch wenn die Sonne immer noch über den Wolken und nicht hier unten scheint.

Die Lenkerstulpen sind montiert und so können wir besser nicht gerüstet sein. Wir tingeln die E6 im Namdal Richtung Süden. Hinter uns taucht ein LKW auf, der Fritz ordentlich Fersengeld gibt. Geschwindigkeitsbegrenzungen kennt der wohl nicht? Nach gut 1 Stunde springt uns in Namskogan die erste Kakaostation an. Eine kuschelige kleine Kaffee-Ecke haben sie. "Moin" grüßt uns ein Mann. Wir kommen ins Gespräch - ein ausgewanderter Deutscher. Seit 5 Jahren hier und ist immer noch voll begeistert. Lange klönen wir...und als wir dann endlich aufbrechen, ist auch die Wolkendecke aufgebrochen. Die blauen Löcher werden immer mehr und immer größer. Wir haben schon öfters gehört, daß das Wetter in Norwegen sich innerhalb weniger Minuten total verändert. Ein Wechselbad der Gefühle! Wir wollen von der E6 weg, Richtung Osten, Schweden. Da gibt es auf der Karte ein paar klitzekleine Sträßchen. Der Deutsche rät uns ab - da wären schreckliche Schlaglöcher drin. Ja, asphaltiert wäre es schon. Aber eigentlich auch schön. Wir bleiben dabei.

Es stellt sich als Glücksgriff heraus. Bei strahlend blauem Himmel und allerbester Laune (nur kalten Händen, weil mein Heizgriff doch kaputt ist) nehmen wir ein herziges Sträßchen unter die Räder. Fritz muß sein Federbein härter stellen, meine Lisl fühlt sich pudelwohl. Seen, schneebedeckte Berge, Eisflächen - wir kennen das schon, aber es ist immer wieder wunderschön. Bis auf zwei Traktoren praktisch kein Verkehr. Die Straße gehört uns. Irgendwann ist sie nicht mehr befestigt, aber der geschotterte und festgefahrene Untergrund ist fast besser befahrbar als die wellige Asphaltstraße. Ein großer Hase räumt die Straße. Gestern war es übrignes ein Schneehuhn, das zuerst laufend und dann doch flatternd das Weite gesucht hat. Ganz alleine sind wir im tiefen (oder lichten?) Wald. Und da kreuzt eine Elchkuh unseren Weg. Schnell ein Foto? Sie versteckt sich im Dickicht neben der Straße. Der einzige Elch (bisher) auf dieser Tour. Für Fritz war es sogar der erste Elch überhaupt in freier Wildbahn. Und kurz darauf taucht auch noch eine Rentierherde auf.


Wir fahren ein paar kurze Kilometer durch Schweden, man derkennt es nur an den Grenzschildern und an der deutlich besseren Straßenoberfläche. Dann sind wir wieder in Norge. In Nordli winkt ein Gebäude - was mag das wohl sein? Restaurant, Stadthalle, Bibliothek, Supermarkt oder alles zusammen? Draußen stehen ein paar Bänkchen oberhalb des Sees. Lädt ein zum Verweilen. Wir kaufen ein paar Sachen und vespern draußen auf dem Parkplatz. Ein schönes Plätzchen - aber so saukalt, daß beim Essen die Finger abfrieren. Weniger kalt, dann würde das Essen nochmal so gut schmecken!  Also dauert die Pause nicht lange, bis wir alles wieder einpacken. Während wir uns anziehen werden wir von einem kleinen Jungen beobachtet. Seine Mutter darf die Autotür nicht schließen und losfahren, bevor wir nicht weggefahren sind. Weiter geht's Richtung Südosten, wir werden doch noch ein Stück durch Schweden fahren, um die E6 zu vermeiden. Es ist mehr allzuweit bis zur Grenze. Direkt davor ist ein kleiner Parkplatz, er zieht mich magisch an. Ich weiß nicht warum. Aber bei näherem Hinsehen entpuppt er sich als Volltreffer. Am Fuß des Grenzschildes parken wir schon mal die Mopeds. Fritz testet das Klohäuschen. Einige Sitzgarnituren, zum Teil überdacht,  stehen auf dem gepflegten Rasen. Ein Weg führt hinunter zum See und der Grillhütte. Auf halbem Weg ist eine Wiesenterasse mit überdachter Sitzgarnitur. Der ideale Zeltplatz?! Klo, keine Kosten, See, Grillhütte, Garage und ebene Rasen. Wir bleiben. Die Ameisen sind schon da - ob wir wohl miteinander auskommen werden?

Ich möchte unbedingt die Grillhütte testen. Holz liegt genug herum, meist allerdings naß. Mit viel Geduld und Rauch gelingt uns aber doch endlich ein Feuerchen. Jetzt sind die Käse-Grillwürstchen dran. Mit den frischen Käsesemmeln, Gurken und Cocktailtomaten ein Gedicht von Abendessen. Ein Wind frischt auf, es ist zu kalt um druaßen zu sitzen. Also verziehen wir uns ins Zelt - rechtzeitig, denn es fängt an zu regnen. Bäh. Das brauchen wir nicht. Hoffentlich hört es bis morgen wieder auf.

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Montag, 1. Juni 2015

Ein Tag auf'm Bock


Wir haben kein bestimmtes Ziel, es muß nur langsam nach Süden gehen. Die Auswahl an Möglichkeiten ist ziemlich begrenzt: es gibt die E6 oder die E6 oder die E6. Aber das Wetter ist herrlich, die Sonne strahlt vom örtlich weiß bewölkten Himmel, ein frischer Wind weht uns um die Nase oder in die Ärmel und vertreibt die Wolken. Lisls gleichmäßigen Pulsschlag spüre ich vibrierend im ganzen Körper. Auf dem Bock sitzen!
Mein Kopf denkt wieder - alles mögliche; aber es stört mich nicht so wie früher. Er läßt meinen anderen Sinnen genügend Raum, die Umwelt zu erfahren, zu erleben, zu sehen, hören, fühlen, riechen. Ein Lied liegt mir auf den Lippen...

Als wir übers Saltfjell fahren und den Polarkreis hinter uns lassen, um in gemäßigte Breiten zu gelangen, stürmt es kräftig und eiskalt von Schweden her und möchte uns von der Straße wehen. Er versucht es auch, als ich die Mutprobe auf einer Hängebrücke in Storjord mache. Dort führt eine kleine Fußgängerbrücke über den reißenden Fluß, schmal und schwankend. Fritz bleibt lieber auf dem Festland. Ich konzentriere mich auf das andere Ende, sonst wird mir schwindlig - geschafft, juhu! Aber auf dem Rückweg erwischt mich die Windbö - die Brücke driftet ab und ich bekomme jetzt doch Angst. Aber, wie ihr seht, bin ich heil zurückgekommen.

Ob ein Abstecher von der E6 zu den ausgeschilderten Höhlen etwas Abwechslung bringt? Das letzte Stück zur Grønligrotte führt ein rutschiger Sandweg steil nach oben. Zuerst gibt es hier wohl eine andere Höhle, da ist ein Parkplatz und ein paar Hütten. Die Plakate erzählen von kilometerlangen Höhlenarmen und stundenlangen Führungen. Aber (zum Glück) ist alles geschlossen - Fritz mag keine Höhlen. Zu sehen ist auf Anhieb auch nichts von der Höhle, wer weiß, wie lange man bis zum Eingang noch durch den Schnee stapfen müßten. Die andere Höhle liegt wohl noch ein ganzes Stück weiter oben. Der Weg wird laut Hinweis noch steiler und vermutlich werden wir dort oben auch nichts Interessanteres finden, also drehen wir um. Svartissen - noch 12 km - der Name sagt mir was, aber ich weiß nicht genau was. So drehen wir halt wieder um.

Eine kleine Auswahl an Trollen:

Um die Mittagszeit verliert der Blasebalg den Kampf und die Wolken nehmen überhand. Ab halb vier beginnt es richtig fett zu regnen. Die Regensachen haben wir ja schon an, nur die Lenkerstulpen haben wir uns gespart. Jetzt wollen wir sie nicht noch montieren, was sich natürlich bald rächt....jede Bewegung weg vom beheizten Griff läßt die nassen Handschuhe gefrieren. Die Temperatur ist auf 6 Grad gesunken, Wasser haben wir jetzt ringsum in allen Formen: von oben als Regen, auf der Straße als tiefe und breite Pfützen, hinter dem Werkstatt-Sprinter als Gischt, in der Tundra als Moor oder Sumpf, auf den Wiesen als Schnee und im See sogar als Eisfläche. Ich glaube, am Polarkreis haben wir die Mitternachtssonne gegen Mitternachtsregen getauscht? Die Lisl wird jetzt gelegentlich wieder von ihren mexikanischen Hustenanfällen geschüttelt.

Eigentlich ist der Umweg am Røssvatnet entlang ein herrliches kleines und kurvenreiches Sträßchen, ein Motorraderlebnis - ich bin das schon mal gefahren. Aber wir können es nicht genießen, wollen die Haftgrenze unserer Reifen nicht austesten; schließlich wollen wir ja nicht auf der Nase landen. Der Wind konnte die gute Laune nicht verwehen, aber der Regen hat sie weggewaschen. Das Lied ist verstummt, die Lippen bleiben geschlossen - schließlich soll es drin ja trocken und warm (?) bleiben!

Die vom Navi anvisierte Statoilstation in Hattfjelldal stellt sich ale einsame überdachte Zapsäule einer anderen Marke heraus. Also bekommt nur Fritz' Moped neuen Saft und Kraft - Lisl hält noch eine Weile durch. Aber hier duftet es (nur nicht nach Kakao)!!! Jede Menge frisch gesägtes nasses Holz und eine riesige Sägemehl-Miete verströmen diesen herrlichen Geruch! Nun geht's zurück auf die E6 - die Hauptschlagader durch Nordnorwegen. Die letzte halbe Stunde hat meine Griffheizung entweder den Geist aufgegeben oder sie kann nicht mehr gegen Näße und Kälte ankommen - auf jeden Fall frieren mir fast die Finger ab. Thor sorgt dafür, daß wir die norwegischen hytter ausführlich testen! So kehren wir am Campingplatz in Trofors ein. Als wir auf dem Weg nach Norden hier übernachten wollten, waren alle Hütten von einem Oldtimertreffen belegt. Diesmal sind wir rechtzeitig da und bekommen eine hübsche geräumige Hütte (350 NOK). Gerade als wir sie beziehen trifft eine Horde deutscher Motorradfahrer ein, die alle restlichen Hütten besetzen. Motorradtreffen?
Raus aus den nassen und kalten Klamotten - die Schuhe haben wohl doch wieder etwas durchgelassen. Die Socken sind feucht, hier helfen mongolische Kamelhaarsocken! Und Fritz hilft die heiße Wasserflasche im Schlafsack. Gut schnarch!