Donnerstag, 4. Juni 2015

Hedmark

Am Morgen gießt es. Das tut es jetzt schon seit 18 Stunden! Alle Wetterberichte sind sich einig, daß es auf unabsehbare Zeit hier in der ganzen Gegend so bleiben wird. Mannomann, bin ich eine gute Regenmacherin!!! Aber eigentlich ist Fritz schuld - er hat sich gestern Regen gewünscht, damit sein Moped wieder sauber wird. Das muß ja dreckig gewesen sein!
Der Weg zur Toilette ersetzt die Dusche, die Füße stecken nur in den Badelatschen, da nehmen sie am wenigsten Wasser auf. Aber es hilft nix - irgendwann müssen wir raus!
Ich starte die arme tropfnasse Lisl schon, bevor ich überhaupt gepackt habe, ich rechne ja nicht damit, daß sie anspringt. Aber sie tut's! Ok, sie braucht jetzt mindestens 10 Minunten, um sich wachzuhusten. Klingt schauerlich. Hat aber den Vorteil, daß sie dann warm ist und auf der Strecke einigermaßen rund läuft.

Unsere einzigen Überlegungen zielen jetzt nur noch darauf ab, das Loch in der Wolkendecke zu finden. Sehenswürdigkeiten oder schöne Sträßchen ade - Hauptsache trocken! Es ist schon schlimm, wenn man seine Routenplanung nicht nach Lust sondern nach dem Wetter richten muß. Ich habe von Leuten gelesen, die nicht weit weg innerhalb weniger Minuten so eingeschneit waren, daß sie mit dem Auto stecken geblieben sind. Erst nach 3 Tagen wurde ihr Auto aus dem 4 m hohen Schnee geborgen. Ich kann das jetzt positiv oder negativ sehen, ich scheine oft an den Katastrophen entlang zu schrammen, so in ca. 100 km Entfernung. Hochwasser in Bayern, Erdrutsch in Mexiko, Schneesturm in Norwegen.
Ich wußte gar nicht, daß in Norwegen Reis angebaut wird? Die Wiesen und Felder stehen so unter Wasser, daß sie wie Reisfelder aussehen! Eigentlich denke ich an überhaupt nichts mehr, ich nehme auch kaum was von der Umwelt wahr; der Kopf ist eingefroren. Finger und Zehen schreien nach Wärme! Sie kommt nicht. Es regnet. Die Straße führt langsam in die Höhe - bis auf gut 900 m; so kalt ist es auch, wir haben nur noch 5 Grad. Dafür ist die Straße jetzt immer öfter trocken und es hat irgendwann aufgehört zu regnen. Zur Abwechslung brummt eine Horde (ca. 10) Harleyfahrer an uns vorbei, die wollen wohl schneller aus der Kälte wieder raus?


Am frühen Nachmittag finden wir in Røros gut versteckt endlich eine Kakaostation. Nix wie rein! Aufwärmen! Innerlich und äußerlich. Aus der kuscheligen Sitzecke können wir draußen 2 weitere Gruppen Harleyfahrer beim tanken beobachten. Ob hier irgendwo ein Treffen ist? Wir wollen gar nicht mehr raus...

Langsam ist das Wetter besser geworden. Wir sind nicht mehr ganz so hoch, nur noch auf ca. 700 m, die Straße ist meist trocken und manchmal gibt es sogar blaue Löcher in den Wolken. Wir haben jetzt schon über 10 Grad! Aber eigentlich fehlen heute den ganzen Tag mindestens 10 weitere Grad. Wir verfolgen tapfer weiter unseren Plan, die Sonne zu finden. Im Süd-Osten. Eine neue Landschaft: Tundra mit vielen Flechten, Geröllfelder mit großen Felsblöcken, Moor, viele Seen und Pfützen. Manchmal erschrecke ich und denke, ein Hase würde aus dem Straßengraben hüpfen, aber es ist nur das Licht, das sich dort im Wasser spiegelt. Ab und zu gibt es auch ein paar schöne Kürvchen.

In Femunden wollen wir einen Platz für die Nacht finden. In Karte und Navi sind 2 oder 3 Campingplätze verzeichnet, in Realität sind alle paar Kilometer Plätze und Hütten ausgeschildert. Wunderschöne Plätze direkt am See, auf Sandboden mit Kiefernwäldchen. Siet so aus, als ob die reichen Osloer hier ihren Sommerurlaub verbringen würden. Später, denn der Platz ist geschlossen. Der nächste auch. Und der nächste, und übernächste..... Wir könnten ja auch auf einem geschlossenen Platz einfach zelten und das Vordach einer Hütte nutzen? Brrrr. Ja, machen wir, wenn wir am nächsten oder übernächsten Platz auch nichts erreichen.

Es ist schon etwa 19 Uhr, als wir endlich fündig werden. Mitten in der Hedmark am Fuß von spitzen schneebedeckten Berggipfeln (Rendalssølen, 1755 m) gibt es doch einen geöffneten Campingplatz - wieder mit Hundeschule. Die Hütte ist für ihre 350 NOK geräumig und nett. Sie haben auch (ganz langsames) Internet. Obwohl jetzt die Sonne scheint, sind wir froh über die Hütte. Drin ist es warm - ich bin total kaputt! Wird man vom frieren müde? Ich habe doch heute gar nichts Anstrengendes getan?  Mein Pullover ist vom Morgen noch feucht, das Zelt von gestern noch klatschnass. Fritz hängt es kurz über die Mopeds, damit es im Wind schnell trocknet.
Noch eine heiße Brühe, den Blog und dann in die Falle! Fritz ist schon dort. Der Wind pfeift um die Hütte...


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