Mittwoch, 10. Juni 2015

Es geht zu Ende

Heut ist unser letzter ganzer Tag in Norwegen. Wir sind nur noch knapp 90 km (Luftlinie) von Oslo entfernt und haben eigentlich keinen Fahrplan mehr. Es gibt in ganz Oslo fast keine Zeltplätze (mit Hütte). Das Wetter würde ja zelten zulassen, aber nicht das Alter - außerdem wollen wir heute abend noch umpacken (schiffgerecht) und morgen früh aufbrechen.
Wir suchen im Internet und reservieren vorsichtshalber auf einem Campingplatz in Nærsnes - auf der Westseite des Oslofjordes. Der Preis ist mit 500 NOK nicht billig, aber für Oslo akzeptabel; wir hatten auch schon Teureres. Eingeloggt!

Da es im Ort eine Statoil-Tankstelle gibt, lassen wir das Frühstück ausfallen und wollen es dorthin verlegen. Die Klamotten ziehen wir nur locker über, dann geht's los. Enttäuschung! Saft für die Kühe ist da, ansonsten ist die Tanke eine einzige Baustelle - keinerlei Service. Grrr! Laut Navi gibt es im Umkreis von 50 km keinen Nachschub und die nächstgelegene Station liegt sowieso nicht auf unserem Weg. Ganz ohne Frühstück oder mindestens Kakao werde ich aber den ganzen Tag ungenießbar sein - das ist eine Drohung. Aber es hilft nichts. Wir rüsten uns und fahren los. Um die nächste Ecke lacht mich eine eichte Bäckerei an! Da hauen wir jetzt aber auf die Pauke und gönnen uns von den letzten Kröten...äh Kronen ein feines Früchstück! Fritz wird langsam ungeduldig, wir sind heute noch gar nicht gefahren und die Klamotten werden warm.

Der Himmel ist bedeckt aber nicht dürster. Die Sonne strahlt halt nicht ganz so toll wie gestern, aber es ist trocken und warm - bis zu 20 Grad haben wir heute! Das gab's im ganzen Urlaub noch nicht! Das Wetter paßt zur Stimmung - trüb, gedrückt.  Gleich nach der Ortschaft windet sich die Straße schnell mal um 400 Höhenmeter nach oben. Unter uns der See. Nach 4 Wochen so phantastischer Landschaften ohne Unterlass sind wir aber auch satt. Die Kornkammer Norwegens erinnert schon eher an ländliche Ecken in Deutschland, dazu müßte man nicht so weit fahren. Die spiegelglatt daliegenden Seen und breiten Flüsse reißen uns nicht (mehr) vom Hocker...oder der Sitzbank. Selbst ein breiter Wasserfall läßt uns kalt. Dort ist zwar großer Auflauf mit Parkplätzen, Cafe und esotherischen Kruschtläden, aber die vielen Rentner und Frauen in weiten lila Hosenanzügen stoßen uns eher ab.

Alle Umwege und kleinste Sträßchen, deren Wellen zumindest Fritz ein wenig ausbremsen, können aber nicht verhindern, daß wir uns langsam Drammen bzw. Oslo nähern. Einmal wollte Fritz noch in einen Sparmarkt - Nostalgie aus seiner Heimat genießen. Und direkt daneben ist eine Kakaostation! Nix wie hin! Die Zapfsäule ist funktionsfähig, die Servicestation verlassen und leer. Schon wieder nix! In Åmot hält uns dann ein Kiwi-Markt auf - finden wir hier ein Mitbringerle für unseren morgigen Besuch? Leider nein. Aber um die Ecke linst ein Statoilzeichen hervor - das muß jetzt sein! Ein letzter Kakao bzw. Kaffee, um den wir heute schon zwei mal betrogen wurden. Ja!!!
Zufällig klingelt jetzt, in der Pause, mein Handy. S-J aus Oslo möchte uns schon gerne noch treffen, auch wenn er viel Streß und eigentlich gar keine Zeit hat. Scheint ihm wichtig zu sein, uns mal wieder zu sehen. Er wird morgen "ein paar Gespräche verlegen" und uns dann um halb zwölf am Hafen treffen. Um 12 ist Check in. Ob das wohl klappt?

Mit Genuß leeren wir unsere Tassen ganz gemütlich. Da spricht uns ein Mann an, anscheinend auch Motorradfahrer. Schnell sind wir in Benzingesprächen. Und dann bekommen wir den "Insider-Tip", nicht auf dieser Straße weiterzufahren, sondern nochmal kurz umzudrehen und eine Kurve am Tyrifjord entlang zu machen. Ist eigentlich kein Umweg - bestätigt auch unser Navi. Zuerst...na ja. Wir fahren durch eine Siedlung nach der anderen, immer schön auf 50 oder 60 begrenzt. Aber dann - uuups!? Kurven! Wunderschön. Aber zum Aufpassen! Da werden wir wieder munter. Manchmal liegt auch Split im Weg, also besonders aufpassen. Ein Schmankerl zum Schluss!

Jetzt entkommen wir der Großstadt leider nicht mehr. Der Verkehr wird dichter, die Ampeln roter und der Stau länger. Feierabendverkehr. Irgendwann ziehen wir dann doch den Zweiradjoker und schlängeln uns an den Autokolonnen vorbei. Aber wo ist der Campingplatz? Laut Karte könnte man den gar nicht finden. Dank sei dem Navi! Wo das uns langlotst - Wahnsinn. Da wäre ich im Leben nicht hingekommen! Erst 500 m vor dem Platz ist ein Hinweisschild zu finden. Der Check in ist lustig, aber alle Scherze lassen den Preis nicht mehr purzeln. Immerhin bekommen wir 2 Duschmünzen geschenkt - ob wir soooo stinken? Wir hatten eh vor, den Wildnisduft abzulegen. Eine steife Brise wird dabei helfen, die Wäsche schnell zu trocknen. Wir freuen uns auf den Besuch morgen früh bei Randi und Hans.

Es ist warm und wir lassen die Hüttentür offen, während wir umeinanderräumen. Volksmusik - wo kommt die denn plötzlich her? Ah, unter uns fährt ein 3-Master vorbei mit einer lustigen Gesellschaft an Bord. Das steckt uns an und ist ein schöner Anblick. Im Kiosk am Eingang haben wir uns ein Joghurt zum Abendessen gekauft - Fritz freut sich schon darauf. Vor der Nachbarhütte liegt ein schöner junger Husky. Und aus der Hütte kommt ein Mann, der unseren Mopeds in schlechtem Englisch Komplimente macht. Ein bischen Smalltalk. Er erwartet Gäste und möchte für sie kochen. Koch ist er? Na, da ist er bei uns willkommen, ha ha. Aber die Antwort hätten wir nicht erwartet: wir sind zum Essen eingeladen! Seine Gäste scheinen ihn zu versetzen und da bietet er uns sein typisch norwegisches Essen an: Fleischklößchen, gekochte Karotten und Kartoffelscheiben in Knoblauchsoße. Fritz glaubt es nicht - daß wir einfach so eingeladen werden sollen?! Mmmmh! Unser Zellen- äh Hütten-Nachbar bringt uns 2 Teller der feinen Speise, möchte sich aber nicht zu uns setzen. So genießen wir halt Dinner for two am Oslofjord! Ein super Abschluß für 4 Wochen wildes Norwegen. Ein Grund, wieder zu kommen!

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