Sonntag, 7. Juni 2015

Die Regenzeit...

...fällt dieses Jahr in Mittelamerika aus. Auch zu Hause herrscht Hitze und Dürre. Sie ist hier, die totale Nässe (nur etwa zehn bis fünfzehn Grad kälter als in Amerika) - aber ich kann ja nicht überall sein! Die ganze Nacht hatten wir Regen, in Schüben - auf den Wetterbericht ist Verlaß. Heute soll es den ganzen Tag nicht anders werden.
Lisls Parkplatz hinter der Hütte scheint gut gewesen zu sein, sie springt (fast) gut an. Zwischen 10 und 11 Uhr soll es laut Wetterbericht in Bergen  nur bewölkt sein - da fahren wir doch glatt hin! In die Altstadt. In der Hoffnung, daß es irgendwo Kingcrabs gibt - Fritz schwärmte schon zu Hause wochenlang davon. Bis jetzt haben wir nirgends welche gefunden. In Bergen muß es klappen!!! Ich lotse ihn extra deshalb dorthin. Er war ja schon mal in Bergen und hat auch die Altstadt schon mal fotografiert - er braucht nicht nochmal hin (sagt er). Als wir mitten im Zentrum von Bergen ankommen, regnet es nicht! Wir schlendern über den kleinen Touristenmarkt - wochentags ist hier Fischmarkt. Aber auch heute gibt es genügend Fischbuden, die sind hier bestens gerüstet, den Touristenhunger auf Fischiges zu stillen. Ein halber riesiger Räucherlachs - wow, der sieht aber appetitlich aus! Kostet auch nur umgerechnet ca. 200 €. Und dort - da gibt es die Kingcrabs! Fritz will nicht. Wir dürfen probieren - fingernagelgroß. Mmm, fein! Fritz will nicht - es geht noch nix in den Bauch rein. Sooo schade. Dann halt nicht...

Dafür gießt es jetzt. Noch bevor wir an den Mopdes sind, sind wir klatschnaß. Mit nassen Händen in die Handschuhe schlüpfen ist eine Herausforderung. Die Brille ist beschlagen, ich fahre blind. Die Norweger werden schon Rücksicht auf mich nehmen.

Ab jetzt gibt es nichts als Regen. Regen. Regen. Am besten streichen wir den Tag ganz aus dem Kalender. Ich muß an Amerika und die Sintfluten dort denken. Das hätte ich mal bleiben lassen sollen, die Lisl erinnert sich nämlich auch daran. Und wie wir nach St.Christobal auf nur einem Zylinder den Berg hochgefahren sind? Zuerst springt sie auf der Fähre nicht mehr an und ich bibbere, ob ich noch vom Schiff runterkomme, dann läuft sie nur auf 1 Zylinder. Gut, daß ich in Mexiko gelernt habe, Einzylinder-BMW zu fahren - viel Gas und schleifende Kupplung. Hier ist der nächste Berg - ein Zylinder - kein Zylinder - mit ein paar Donnerschlägen bleibt die Lisl stehen. Sie mag einfach nicht mehr. Sch...und jetzt? Die Batteriespannung ist am Ende, der IMO zeigt schon nichts mehr an. Trotzdem noch ein Startversuch - jetzt ist sie noch warm. Hier ist nichts, nada, da können wir nicht bleiben. Ja, sie hüpft nochmal! Bis zum nächsten Streik. Warnstreiks? Jaaa, Lisl, braves Tier,  morgen scheint die Sonne! Versprochen! Komm, fahr noch ein bischen. Bis zum Campingplatz wenigstens. Fritz, der hinter mir fährt, sieht meinen Drachen Feuer speien - ich hör ihn nur fauchen, wenn der unverbrannte Sprit sich noch im Auspuff entzündet. Da gehört der doch nicht hin...
Seit dem ersten Liegenbleiber habe ich die Motorradbrille nicht mehr aufsetzen können, ich kann die Hand nicht vom Gasgriff nehmen. Außerdem ist sie jetzt innen naß und würde sofort beschlagen. Also fahre ich ohne - prompt erwischt uns der nächste Gewitterschauer, und noch einer und noch einer. Die Tropfen prasseln und schmerzen auf der Haut. Ich beneide die vollbärtigen Männer...

Campingplatz erreicht! Die Straße ist trocken - seit 50 Metern! Die Rezeptionistin schaut und liest in ihrem schlauen Buch - ich möchte bitte die billigste Hütte. Sie schaut und liest weiter. 650 NOK. ??? Was??? Sind die von allen guten Geistern verlassen? Nein, nie und nimmer! Ich wollte eine "kleine Hütte ohne Wasser". Ja - schauen Sie... Was wir sehen ist ein geräumiges, steriles, ungemütliches Zimmer mit 4 Betten, einem Tisch und einem Miniaturheizkörper. Eine kalte Neonröhre an der Decke. Das war's. Nicht mal eine Kochplatte oder Leselämpchen, wie sonst üblich. Die Türe knarzt wie in einem alten Schlossgemäuer. Die sanitätren Anlagen sind sehr bescheiden. Aber auf den nächsten 50 km gibt es keine Alternative. Es ist schon 19 Uhr und ringsum drohen dunkelste Wolken. Nach einem Telefonat mit der Chefin, sinkt der Preis auf immer noch stolze 500 NOK. Wir bleiben notgedrungen.

Heute bekommt die Lisl das Zelt - zumindest das Überzelt. Ob das wohl hilft? Ich habe keine Lust, bei Nässe, Kälte und Schmutz die Zündspule zu wechseln mit zweifelhafter Aussicht auf Erfolg. Ich poche mehr auf Sonne und gute Lisl-Laune.

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